Endbericht - Evaluierung fit2work klinisch-psychologische Einzelbehandlung im Vergleich zur Kombinationsbehandlung mit Kunsttherapie: 5. Fördervertrag

Autor(en)
Reinhold Jagsch
Abstrakt

Theoretischer Hintergrund. Auf Basis der österreichischen Gesetzeslage mit einerseits Psychologengesetz und andererseits Psychotherapiegesetz sind Klinische Psychologinnen und Psychologen und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie Behandlerinnen und Behandler mit Doppelqualifikation berechtigt, Personen mit psychischen Störungen zu behandeln. Nachdem bereits belegt werden konnte, dass im Rahmen der Evaluation von fit2work Behandlungen durch die drei Teilgruppen hoch wirksam und gleichwertig sind, lag der Schwerpunkt der aktuellen Analyse auf dem Vergleich von klinisch-psychologischen Behandlungen, die im Einzel- bzw. im Kombinationsformat (Einzelbehandlung mit ergänzender Kunsttherapie) angeboten wurden. Zielpersonen mit Indikation für die Kombinationsbehandlung waren solche, die aktuell in einem Beschäftigungsverhältnis standen, dieses aber durch psychische Belastungen (vor allem durch Burnoutsymptomatik) stark gefährdet war.
Methode. Österreichweit nahmen insgesamt 1112 Personen (1046 in Einzel-, 66 in Kombinationsbehandlung), deren Arbeitsplatz entweder durch gesundheitliche Probleme gefährdet war bzw. bei denen der Arbeitsplatz bereits verlorengegangen war, an dieser Studie teil und wurden nach einer umfangreichen Anamnese einer der Behandlungsarten zugewiesen. Die Klientinnen und Klienten erhielten zu Beginn der Behandlung eine Testbatterie, die Fragebögen zu Depression (Beck-Depressions-Inventar-II, BSI-II), zur psychischen Beeinträchtigung (Brief Symptom Inventory-53, BSI-53) und einen Fragebogen zum arbeits- und gesundheitsbezogenen Status enthielt. Nach Abschluss der Behandlung wurden sie gebeten, diese Testbatterie noch einmal zu bearbeiten und die Zufriedenheit der Behandlung mittels Helping Alliance Questionnaire (HAQ) zu beurteilen. Ergänzt wurde die subjektive Einschätzung der Klientinnen und Klienten durch die Fremdeinschätzung der Behandlerinnen und Behandler, die online durchgeführt wurde und die auch eine Beurteilung mittels GAF-Skala (Global Assessment of Functioning) beinhaltete.
Ergebnisse. Insgesamt absolvierten 898 Klientinnen und Klienten die Behandlungen und füllten zu beiden Zeitpunkten die Fragebögen aus (80.9%, 446 in Einzel- und 52 in Kombinationsbehandlung). Laut den Daten vor der Behandlung sind die Klientinnen und Klienten der beiden Behandlungsarten als zwei distinkte Zielgruppen der Maßnahme zu sehen, die sich sowohl in soziodemographischen (höherer Frauenanteil und höherer Akademikeranteil bei der Kombinationsbehandlung) als auch in arbeitsbezogenen Variablen grundsätzlich unterschieden, aber in Bezug auf psychische Belastungen durchaus ähnlichen Hintergrund aufwiesen. Nach der Behandlung wiesen beide Behandlungsarten maßgebliche Verbesserungen auf: In allen klinischen Skalen des BSI-53 lagen Klientinnen und Klienten beider Behandlungsarten über dem Cutoff-Wert für Behandlungsbedürftigkeit, nach Abschluss der Behandlung in keiner der Subskalen. Neben einem hoch signifikanten Effekt der Dauer der Behandlung konnten im Rahmen der Veränderungsmessung simultan weder signifikante Gruppeneffekte noch signifikante Interaktionen gefunden werden. Auch das statistische Modell für das Depressionsausmaß zeigte mit signifikanten Reduktionen analoge Ergebnisse für beide Behandlungsarten. Die Ergebnisse der GAF-Skala zeigten ähnlich starke Verbesserungen für beide Behandlungsarten auf, mit dem Unterschied, dass das Niveau der Funktionsfähigkeit der Klientinnen und Klienten der Kombinationsbehandlung bereits vor der Behandlung ein höheres war. Bezüglich Reintegration in den Arbeitsprozess kann vermerkt werden, dass die Quote des Wiedereinstiegs relativ zu der Quote der Klientinnen und Klienten, die in der Zeit der Behandlung ihre Arbeit verloren hatten, für die klinisch-psychologische Einzelbehandlung signifikant höher lag. Die Interventionsmaßnahmen führten zusätzlich, ohne Unterschiede zwischen den Behandlungsarten, zu einer massiven Reduktion der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen. So konnten bedeutsame Reduktionen bei Arztbesuchen, bei ärztlichen Untersuchungen, bei Krankenhausaufenthalten und bei der Einnahme von Psychopharmaka verzeichnet werden. Auch das Gesundheitsverhalten (Sport, Bewegung, Ernährung) konnte positiv verändert werden. Beziehungs- und Erfolgszufriedenheit scorten in beiden Behandlungsarten klientenseitig hoch, behandlerseitig erwiesen sie sich im Vergleich signifikant höher für die Kombinationsbehandlung. Im direkten Vergleich wurden die beiden Teile der Behandlung (klinisch-psychologische Behandlung, Kunsttherapie) von den Klientinnen und Klienten der Kombinationsbehandlung als hoch wirksam und hilfreich bewertet.
Schlussfolgerungen. Die Evaluation konnte belegen, dass zwei distinkte Zielgruppen von den auf sie zugeschnittenen Behandlungsarten angesprochen werden und von diesen profitieren konnten. Die Interventionen konnten zu hoch signifikanten Reduktionen in den klinischen Skalen und den Belastungen auf individueller Ebene führen wie auch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene zu einer massiven Reduktion der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen beitragen. Gleichzeitig berichteten die Klientinnen und Klienten von bedeutsamen Verbesserungen im arbeits- und gesundheitsbezogenen Bereich, verbunden mit einer hohen Behandlungs- und Erfolgszufriedenheit.

Organisation(en)
Institut für Klinische und Gesundheitspsychologie, Forschungsplattform The Stress of Life - Processes and Mechanisms underlying Everyday Life Stress
Anzahl der Seiten
37
Publikationsdatum
05-2021
ÖFOS 2012
501010 Klinische Psychologie, 501019 Psychotherapie
Link zum Portal
https://ucrisportal.univie.ac.at/de/publications/0be0b190-363d-4318-aea9-ace57dd8acf1